Dienstag, 30. Juli 2024

Meine Erfahrungen in Alters und Pflegeheimen - Wilde Blumen


 

Heute möchte ich euch Leser und Leserinnen wieder aus meiner beruflichen Tätigkeit in den Alters und Pflegeheimen erzählen. Es waren für mich die lehrreichsten Jahre meines bisherigen Lebens.
Die Lebensgeschichte handelt von einer Frau, die ich im selben Domicil für Senioren kennenlernte, wie die Herren, von denen ich euch in vorhergehenden Posts schon erzählt habe.
Hier nochmal meine dreiteilige Collage, die ich in meiner Freizeit mit Bewohner dieses Domicils gestaltet habe. Die Person um die es hier geht, wohnte im linken Gebäude.


Sie war eine studierte Frau, die voll Ehrgeiz und Freude ihren anspruchsvollen Beruf ausübte. Gleichzeitig war sie auch kreativ, sie töpferte und malte in ihrer Freizeit, sie hatte einen großen Freundeskreis und sie kümmerte sich ebenfalls um ihre betagte Mutter. 
Bis zum Tag X.....da erlitt sie einen Schlaganfall.
Sie war noch keine siebzig Jahre als das passierte. Von einer Minute auf die andere war sie auf einer Seite gelähmt und sie konnte nicht mehr sprechen. Ich lernte sie kennen, als sie noch im Rollstuhl war. Zum Glück hatte ich da schon mehrere Jahre Erfahrung mit solchen Patienten. Ich wusste, es braucht Geduld und Einfühlungsvermögen. Da ich damals selbständig erwerbende Podologin war, nahm ich mir für sie mehr Zeit für die Behandlung. Ich war keinem Chef Rechenschaft schuldig und der Verdienst war hier zweitrangig.

Das Leben gleicht einer Stunde; vertraue daher nie auf die Länge deiner Jahre und denke daran: Nach dem Tode zählen nur die Taten eines Menschen, nicht mehr sein Geld.
( Fernöstliche Weisheit )

Unsere Verständigung war zu Beginn mit Blicken und Mimik aber bald bemerkte ich, dass sie teilweise begreifen konnte, was ich ihr sagte. Ich begann ihr wichtige Sachen aufzuschreiben. Und auch sie war innerlich fest entschlossen ihrem Schicksal die Stirn zu bieten. Sie begann zweimal pro Woche mit der Physiotherapeutin zu trainieren. Gleichzeitig machte sie dasselbe mit einer Logopädin. Es war nicht einfach, oft weinte sie bei mir in der Behandlung und war verzweifelt. Dann fiel sie beim Gehtraining um und kam mit einem Arm im Gips zu mir. Aber sie gab nicht auf und ich versuchte sie moralisch zu unterstützen so gut ich konnte !
Woche um Woche machte sie Fortschritte. Sie brauchte keinen Rollstuhl mehr, sie konnte mit einem Gehstock wieder selbständig gehen, zwar hinkend...egal...sie hatte es geschafft. Auch den gelähmten Arm konnte sie wieder benutzen, zwar eingeschränkt...egal...sie hatte es geschafft. Sie konnte wieder sprechen, manchmal brauchte sie ein paar Anläufe um den Satz zu formulieren...egal...sie hatte es geschafft.
Ich konnte sie sogar überzeugen, mit mir zusammen zu malen. An der gemeinsamen Collage wollte sie nicht teilnehmen. Sie wollte ein eigenes Bild malen:
Blumen...wilde Blumen ! Ich sass neben ihr und habe sie dirigiert...rauf...runter...nach rechts...zugegeben, es war eine Zangengeburt...aber sie hatte es geschafft und als das Kunstwerk beendet war, ich gab ihm noch den letzten Schliff, haben wir beide vor Freude geweint. Ja, liebe Leute, eine wilde Blume muss man werden im Leben....!!!

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